Keine Weiterleitungsspiele mehr mit seelisch behinderten jungen Volljährigen

Statt § 14 SGB IX: interne Zuständigkeitsklärung zwischen Jugend- und Sozialamt eines Rechtsträgers

Das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen hatte am 29.10.2015 entscheiden, dass die „innerdienstliche Weitergabe“ eines Leistungsantrags innerhalb eines Landkreises oder einer kreisfreien Stadt (vom Fachbereich Soziales an den Fachbereich Jugend) keine Weiterleitung im Sinne des § 14 SGB IX darstellt (L 8 SO 122/12). Dieses Urteil ist durch Erledigungserklärung der Revision beim Bundessozialgericht nunmehr rechtskräftig geworden.

Das LSG begründete seine Entscheidung damit, dass eine Kommune gegenüber dem Antragsteller auf Eingliederungshilfeleistungen als ein einziger Rechtsträger und damit als rechtliche Einheit auftrete und den bei ihr eingegangenen Leistungsantrag unter allen Gesichtspunkten, für die sie sachlich und örtlich zuständig ist, zu prüfen habe.

Nunmehr hat auch das Verwaltungsgericht Hannover am 24.1.2018 (3 B 35/18) entscheiden, dass das erstangegangene Jugendamt einer kommunalen Gebietskörperschaft einen Antrag auf Gewährung von Leistungen nach §§ 35a, 41 SGB VIII nach Ablauf der 2-Wochen-Frist gem. § 14 Abs. 1 SGB IX ohne Weiterleitung an einen (anderen) Reha-Träger eines anderen Rechtsträgers nicht mit der Begründung ablehnen könne, es sei für die beantragte Leistung sachlich und/oder örtlich nicht zuständig. Es kann insbesondere nicht auf eine sachliche Zuständigkeit des Sozialamtes desselben Rechtsträgers nach dem SGB XII verweisen. Ein interner sachlicher Zuständigkeitsstreit zwischen dem Jugendamt und dem Sozialamt desselben Rechtsträgers bzgl. beantragter Rehabilitationsleistungen sei verwaltungsintern, ggf. durch Weisung des gemeinsamen Dienstvorgesetzten, zu lösen.

Diese Rechtslage ist auch in den drei Stadtstaaten, den östlichen Bundesländern außer Sachsen sowie in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein anwendbar. In Nordrhein-Westfalen, Bayern und Hessen gibt es hingegen einen überörtlichen Sozialhilfeträger, das ist im Verhältnis zu den Jugendhilfeträgern ein anderer Rechtsträger, an den Anträge auf Eingliederungshilfe weiterhin weitergeleitet werden können bzw. die auch an die Jugendhilfeträger weiterleiten können.

Das bedeutet für Betreuer von seelisch behinderten jungen Volljährigen, dass ein Antrag auf Eingliederungshilfe in den meisten Bundesländern auch von dem Rechtsträger zu bearbeiten und sachlich zu bescheiden ist, bei dem der Antrag eingeht – vom Jugendamt oder vom Sozialamt. Welche Eingliederungshilfeleistung zu gewähren ist, die höherwertige Jugendhilfeleistung nach §§ 35a, 41 SGB VIII oder die Sozialhilfeleistung gem. § 54 SGB XII, ist damit jedoch entschieden.