Sozialministerkonferenz betont die Notwendigkeit rechtlicher Betreuung im komplexen Sozialsystem
Einstweilen gescheitert sind die Länderjustizminister mit ihrem Versuch, Kosten durch die Verschiebung von Betreuungsaufgaben an Soziale Dienste zu sparen. Während die Justizministerkonferenz (JUMIKO) im Sommer 2018 forderte, dass die Justiz sich bei der Betreuung auf ihre „Kernaufgaben“ zurückziehen solle, hat im Dezember die Arbeits- und Sozialministerkonferenz (ASMK) die Realität des Betreuungswesens besser getroffen:
wegen der Zunahme der Komplexität im Sozialwesen und der Schwierigkeit der Betreuungsfälle wird die rechtliche Betreuung auch weiterhin in so erheblichem Umfang gebraucht werden, dass eine Einsparung von Jusitzhaushaltsmitteln wenig realistisch erscheint.
Bereits der Brief des ASMK-Vorsitzende Karl-Josef Laumann (Nordrhein-Westfalen) vom 10.09.2018 an den JUMIKO-Vorsitzenden Dieter Lauinger (Thüringen) enthielt Klartext: „…Das Ansinnen der Justizministerkonferenz, dass sich die Justiz auf ihre Kernaufgaben beschränken will, ist aus rechtlichen und tatsächlichen Erwägungen abzulehnen… Eine Verlagerung von bisherigen Betreuungsaufgaben auf Träger außerhalb der Justiz würde dem besonderen Schutzinteresse der Betroffenen gegenüber staatlichen Eingriffen zuwiderlaufen…“
Kranke und behinderte Menschen seien zunehmend überfordert und dementsprechend unterstützungsbedürftig und benötigten auch künftig wirksame, verlässliche und rechtssichere Unterstützung in Form der gesetzlichen Betreuung, heißt es im Beschluss der ASKM (Nr. 5.21 S.35)
Dann räumen die Sozialminister mit dem von den Justizministern gern gepflegten Mythos auf, dass viele Betreuungen nur deswegen eingerichtet würden, weil ein Antrag auf Sozialleistungen gestellt werden muss:
„Existenziell notwendige Sozialleistungen zur Vermeidung einer akuten Gesundheitsgefährdung oder Obdachlosigkeit setzen Anträge und/oder andere Mitwirkungshandlungen voraus, die Menschen in Ausnahmesituationen oft nicht oder nicht adäquat leisten können… In der Regel wird jemand, der ernsthaften Bedarf an Unterstützung bei der Beantragung von Sozialleistungen hat, auch in anderen Lebensbereichen rechtliche Unterstützung benötigen… Dann ist rechtliche Betreuung nicht nachrangig gegenüber Sozialleistungen…“
Schließlich entziehen die Sozialminister der Verlagerungsstrategie der Justizminister noch die Grundlage: „…Es existiert kein Anspruch auf eine aufsuchende Beratung oder ein umfassendes Fallmanagement und somit eine Unterstützung, die gerade umfassend die rechtliche Situation der Betroffenen in den Blick nimmt…“ Die Länderjustizminister glaubten nämlich, dass mit „Unterstützter Entscheidungsfindung“ bei einer nennenswerten Anzahl Betroffener der Bedarf an stellvertretendem rechtlichem Handeln als unvereinbar mit Art. 12 UNO-BRK wegdefiniert und durch Beratungsangebote und Fallmanagement von Sozialleistungsträgern ersetzt werden könnte. Wenn die Länderjustizminister ihre Haushalte nicht auf Kosten der Sozialressorts entlasten können, bleibt ihnen nur der Weg über die kommunalen Betreuungsbehörden.