Ersparnisse nicht für Eingliederungshilfe einsetzen, aber für die Betreuervergütung

BGH: keine höhere Vermögensfreigrenze nach § 60a SGB XII im Betreuungsrecht

Für das politische Ziel der Reduzierung der Betreuerbestellungszahlen werden verschiedene Instrumente benötigt. Eines davon ist § 1896 Abs 1a BGB, wonach gegen den freien Willen eine Betreuung nicht bestellt werden darf. Selbst wenn die Betroffenen im Einzelfall die Notwendigkeit der Betreuung nicht verstehen: dass sie die Betreuervergütung nicht aus ihren Ersparnissen bezahlen wollen, werden viele noch klar artikulieren können.

In diesem Sinne war die Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 20. März 2019 – XII ZB 290/18 in doppelter Weise eine gute Nachricht für die Länderjustizminister. Danach findet auch für Menschen mit Behinderungen die erhöhte Vermögensfreigrenze (zusätzlich 25.000 €) des Eingliederungshilferechts keine Anwendung im Betreuungsrecht. Damit bleibt es bei der Rechtslage, nach der Empfänger von Eingliederungshilfeleistungen, die über Vermögen von bis zu 30.000 € verfügen, dieses nicht für die Sozialleistungen, aber für die Betreuervergütung einsetzen müssen, d.h. Berufs- und Vereinsbetreuer ihre Vergütung daraus entnehmen müssen. So bleibt auch die Staatskasse verschont und für die „bemittelten“ Betreuten über 5.000 € Vermögensbestand weiter unzuständig.

Es war zu erwarten, dass der 12. Senat des Bundesgerichtshofs die Entscheidungen der Landgerichte aufheben würde, die das höhere Schonvermögen der Eingliederungshilfe auf das Betreuungsrecht angewandt haben. § 1836 c Nr. 2 BGB verweise nur auf die allgemeine sozialhilferechtliche Vermögensregelung des § 90 SGB XII, nicht auf die besondere Freigrenze in § 60a, so der BGH. Das bedeutet allerdings auch, dass Eingliederungshilfeempfänger, die auch Grundsicherungsleistungen benötigen, ihr 5.000 € übersteigendes Vermögen dafür einsetzen müssen. Die Pflicht zum Vermögenseinsatz für Betreuervergütung und Grundsicherung ist gleichrangig. Das Problem der unterschiedlichen Vermögensfreigrenzen wird sich ab 2020 weiter verschärfen, wenn die Eingliederungshilfe in das SGB IX überführt wird, § 60a SGB XII außer Kraft tritt und mit den §§ 138ff. SGB IX noch wesentlich großzügigere Schonvermögensregelungen eingeführt werden.

Als Lösung für dieses Problem gab es im Vorfeld des Gesetzentwurfes zur Vergütungsanpassung den Vorschlag, für die Betreuervergütung das Mittellosigkeitskriterium und den Verweis auf das Sozialhilferecht zu streichen (und damit die Vergütungsentnahme aus dem Vermögen) und dem regelmäßigen Staatskassenregress vermögender Betroffener die gerichtskostenrechtliche Vermögensfreigrenze von 25.000 € nach dem GNotKG zu Grunde zu legen.

Das wollen die Länderjustizminister natürlich nicht, könnte zu Mehrausgaben führen. Es gibt nicht einmal die Möglichkeit, eine kostenneutrale Staatskassenregress-Lösung zu kalkulieren, weil einige Länderministerien seit 2016 die Veröffentlichung ihrer Betreuungsstatistiken blockieren.