Vergütungserhöhung wird wahrscheinlicher, aber düstere Zukunft der Berufsbetreuung
Die voraussichtliche Stellungnahme des Bundesrates zum Vergütungsanpassungsgesetzentwurf der Bundesregierung spiegelt in ihrer Widersprüchlichkeit die Zukunftsaussichten der vergüteten Betreuertätigkeit wider: kurzfristig ein Lichtblick, längerfristig ein dunkler Tunnel. Die Wahrscheinlichkeit, dass im 2. Halbjahr der Bundesrat einer Vergütungserhöhung zustimmen wird, ist gestiegen, aber auch, dass dies die letzte lineare Vergütungserhöhung für lange Zeit bleiben wird.
Die Empfehlung an den Bundesrat für eine Stellungnahme zum Gesetzentwurf setzt sich zusammen aus zwei Detailänderungen, die der Rechtsausschuss vorschlägt, und einer Reihe von Maximalforderungen aus der Abteilung „Sparen, koste es, was es wolle“ des Finanzausschusses. Während der mit der Justizministerkonferenz identische Rechtsausschuss die Aufwandspauschale für Verfahrenspfleger von 3,00 Euro nur auf 3,50 Euro (statt auf 4,00 Euro) erhöhen und die Evaluierungsfrist etwas verlängern möchte – kleine Detailänderungen, die der Bundestag vielleicht sogar aufgreifen würde – stellen die Länderfinanzminister das ganze Gesetzesprojekt und das bisherige Vergütungssystem in Frage. Weil aber die Justiz- und nicht die Finanzminister das Abstimmungsverhalten der Landesregierungen im Bundesrat vorschlagen werden, ist die „Zuckerbrot-und-Peitsche“-Strategie des Bundesrates ein eher positives Omen für die Vergütungserhöhung.
Die „Peitsche“ – oder besser der Rasenmäher – der Länderfinanzminister aber hat es in sich und würde das Ende der Berufsbetreuung in heutiger Form bedeuten:
Die Länder wollen nur noch die unmittelbar rechtlichen Betreuungsaufgaben tragen; „soziale“ Betreuung sollen nach einer Strukturreform andere Kostenträger als die Länder übernehmen, also der Bund. Vor allem aber wollen die Länderfinanzminister die höchste Vergütungsstufe (und wohl auch die mittlere für Betreuer mit nutzbarer Berufsausbildung) faktisch abschaffen: diese sollen nur noch gewährt werden, wenn sie „erforderlich“ sind. Weil aber die Justizministerkonferenz weiter der Auffassung ist, für eine vergütete Betreuertätigkeit sei keine Qualifikation erforderlich, wäre eine durch Ausbildung oder Studium erworbene Qualifikation für die Betreuertätigkeit zwar nutzbar, aber eben nicht erforderlich. In einer u.a. vom Betreuungsgerichtstag e.V. veranstalteten Tagung hatte der zuständige Abteilungsleiter im nordrhein-westfälischen Justizministerium, Andreas Christians, gefordert, auch schwierige Fälle müssten weiterhin von ehrenamtlichen Betreuern geführt werden können.
Während die Länderjustizminister erkannt haben, dass sie die heutigen Berufsbetreuer noch eine Zeitlang „bei der Stange halten“ müssen, bis sie eine substantielle Senkung der Betreuerbestellungszahlen erreicht haben, planen die Länderfinanzminister bereits für die Zeit danach, wenn nach allen Demütigungen nur noch eine lästige Restgröße von Berufsbetreuern übrig geblieben ist. Die nun auch vom Betreuungsgerichtstag e.V. nachdrücklich unterstützte Verlagerung von Betreuerbestellungen in den „sozialen Bereich“ wurde vom zuständigen Abteilungsleiter im baden-württembergischen Justizministerium, Michael Lotz, beim dortigen 1. Betreuungsgerichtstag gar zur ethisch gebotenen Pflicht erklärt: 15 % vermeidbare Betreuerbestellungen seien „15 % Stigmatisierung“. Während sich alle Akteure im Betreuungswesen darüber einig sind, dass nicht erforderliche Betreuerbestellungen vermieden werden sollen, will die dann notwendigen Hilfen ohne Vertretungsbefugnis niemand bezahlen: die Länder nicht, die Kommunen auch solange nicht, wie der Länder ihnen keine Kosten dafür erstatten und der Bund natürlich auch nicht. Wer wie der BGT die Verlagerung der Betreuung ins Sozialsystem fordert, gibt jedenfalls den qualifizierten jungen Menschen eine wichtige Entscheidungshilfe, die darüber nachdenken, ob sie in der rechtlichen Betreuung eine berufliche Existenz gründen sollen.