Sachkundenachweis – wirklich eine Anerkennung des Betreuerberufs?

Ab 2023 kann als Berufs- oder Vereinsbetreuer neu nur tätig werden, wer im Rahmen des Registrierungsverfahrens einen Sachkundenachweis erbringt. Das gilt auch für diejenigen, die schon seit dem 1.1.2020 berufsmäßig tätig, sie müssen bis Jahresende 2023 den Sachkundenachweis erbringen. Befreit davon sind nur die schon vor dem 1.1.2020 beruflich Betreuenden, sie haben Bestandsschutz.

Mit welchen geprüften Kenntnissen über das Betreuungsrecht, das Sozialleistungssystem und unterstützende Kommunikation der Sachkundenachweis erbracht wird und ob anstelle geprüfter Kenntnisse aus Studium oder Ausbildung das Bestehen einer echten Sachkundeprüfung verlangt werden kann, entscheidet sich im aktuellen Verfahren über eine Rechtsverordnung der Bundesregierung. Der muss aber der Bundesrat zustimmen, also wird nichts gegen den Willen der Länderjustizminister verordnet werden.

Und die haben sich immer wieder für möglichst niedrige Qualifikationsanforderungen ausgesprochen. Das Bundesjustizministerium hat den Sachkundenachweis in § 32 Betreuungsorganisationsgesetz (BtOG) dem der Rentenberater und der Inkassodienstleister im Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG) nachgebildet – aber die entscheidende Formulierung „ein Zeugnis über einen erfolgreich absolvierten Sachkundelehrgang“ aus der RDG-Gesetzesbegründung fehlt in der Begründung zum BtOG.

Es ist daher zweifelhaft, ob die Gesetzesgrundlage dazu ausreicht, dass die Rechtsverordnung Lehrgangsveranstalter zur Durchführung echter Prüfungen ermächtigt. Es geht schließlich um das Grundrecht auf Berufszugang gemäß Artikel 12 Abs 1 Grundgesetz. Möglicherweise reicht die Rechtsgrundlage nur für eine „Prüfung light“: dann dürften nur Fragen gestellt werden, deren Antworten belegen, dass die (z.b. Online-)Lehrgangsteilnehmer die ganze Zeit zugehört und das Wichtigste auch wahrgenommen haben. Selbst wenn eine echte Prüfung kommen sollte (die auch ein endgültiges Durchfallen ermöglicht), ist noch offen, auf welches Niveau nachzuweisender Rechtskenntnisse sie sich bezieht. Inkassodienstleister müssen einen Lehrgang mit mindestens 120 Zeitstunden, Rentenberater mit mindestens 150 Zeitstunden absolvieren. Auf Betreiben der Länderjustizminister müssen im Betreuungsrecht keine „vertieften“ Kenntnisse mehr nachgewiesen werden, es wird keine Auseinandersetzung mit Rechtsprechung und Lehre erwartet. Prüflinge können also allenfalls nach dem Gesetzeswortlaut und in Bezug auf ältere Normen nach Leitsätzen der wichtigsten BGH-Entscheidungen gefragt werden. Mit solch rudimentärer Sachkunde können aber, anders als mit einem Hochschulabschluss in sozialer Arbeit, Recht oder Verwaltung, die Probleme schwieriger Betreuungsfälle nicht gelöst werden.