Weg mit dem Vergütungskriterium Mittellosigkeit!

Vergütungserhöhung alleine reicht nicht

In den nach der Anhörung im nordrhein-westfälischen Landtag am 13. Februar zu erwartenden Referentenentwurf zur Vergütungserhöhung sollte auch die Abschaffung des Vergütungskriteriums „Mittellosigkeit“ aufgenommen werden. Spätestens mit Inkrafttreten des Bundesteilhabegesetzes am 1.1.2020 wird nämlich wegen der Verweisung auf Regelungen des Sozialhilferechts bei der Vermögensprüfung ein ziemliches Durcheinander ausbrechen. Daran würde auch nichts ändern, falls der Bundesgerichtshof in der anhängigen Sache XII ZB 290/18 die Vermögensfreigrenze auf 30.000 € anheben würde.

Das Kriterium sollte ursprünglich als Indikator für die Fallschwierigkeit und den Betreuungsaufwand dienen, weil für eine vermögende betreute Person der Arbeitsaufwand höher ist als für eine mittellose Person. Tatsächlich ist das, wenn ein Betreuter über ein Vermögen von nur etwas mehr als 5.000 € verfügt, in der Praxis so gut wie nie der Fall. Zeitaufwändig sind jedenfalls die Feststellungen zum Vermögensstatus und der Streit mit den Betreuungsgerichten über die Anwendung der sozialhilferechtlichen Kriterien gem. §§ 1836c BGB, 90 SGB XII.

Seit 2017 und längstens bis zum 31.12.2019 wird für Eingliederungshilfeempfänger gem. § 60a SGB XII ein zusätzlicher Schonbetrag von 25.000 € anerkannt. Das gilt im Betreuungsrecht aber nur in wenigen Landgerichtsbezirken. In allen anderen Landgerichtsbezirken müssen betreute Eingliederungshilfeempfänger mit einem Vermögen über 5.000 € dieses zwar nicht für ihre Eingliederungshilfebedarfe verwerten, aber dulden, dass Berufsbetreuer aus diesem Vermögen ihre Vergütungsansprüche befriedigen.

Für Empfänger von Hilfe zur Pflege schafft auch über das Jahresende hinaus § 66a SGB XII ebenfalls eine um 25.000 € erhöhte Schonvermögensgrenze, aber nur auf dem Papier: Leistungsempfänger müssen erwerbstätig sein und von ihrem Erwerbseinkommen während des Leistungsbezuges das Schonvermögen erst ansparen. Diese Voraussetzungen erfüllt so gut wie niemand.

Selbst wenn der BGH entscheiden sollte, dass § 1836c BGB über § 90 SGB XII auch auf § 60a SGB XII verweist, wäre damit nur eine Klärung bis zum 31.12.2019 erreicht. Danach tritt § 60a SGB XII außer Kraft. Die Regeln der Sozialhilfe finden keine Anwendung mehr auf die Eingliederungshilfe und das dann anzuwendende Schonvermögen wird gem. § 139 Satz 2 SGB IX-2020 neu auf 150 % der jährlichen Bezugsgröße gem. § 18 SGB IV festgesetzt. Dies werden im Jahr 2020 etwa 57.300 € sein, betragen, jährlich um mehr als 1.000 € erhöht, bis 2024 in den Neuen Bundesländern 10 % weniger.

Ab dem kommenden Jahr hätte also ein betreuter pflegebedürftiger Mensch mit Anspruch auf Hilfe zur Pflege im Normalfall, also ohne Erwerbseinkommen, ein Schonvermögen von 5.000 €, ein betreuter behinderter Mensch aber mehr als das Elffache, nämlich 57.300 € Schonvermögen. Was bei pflegebedürftigen behinderten Menschen Anwendung findet, wird sich aus den Zufälligkeiten der Budgetsteuerung beim Träger der Eigliederungshilfe ergeben. Für Alg-2-Empfänger gilt weiterhin, dass sie eigentlich einen Teil ihres etwa 10.000 € betragenden Schonvermögens für die Betreuervergütung bereitstellen müssten.

Die Vergütungsgewährung sollte daher von der Inanspruchnahme von Vermögen und Einkommen entkoppelt und das Mittellosigkeitskriterium abgeschafft werden. Bei einem Bemittelten-Anteil unter den beruflich betreuten Menschen von 12 % sind einheitliche Jahresfallpauschalen unproblematisch kalkulierbar.

Es spricht nichts dagegen, höhere Vermögen und Einkünfte auch für die Vergütung heranzuziehen. Dies sollte jedoch nicht mehr auf dem Wege des Staatskassenregresses gem. § 1836e BGB vorgenommen werden, sondern (wie bereits jetzt bei den Verfahrenspflegern) einmal jährlich zusammen mit den Gerichtskosten nach dem Gerichts- und Notarkostengesetzes mit einem einheitlichen Schonvermögen von 25.000 €.