Anwaltliche Berufsbetreuer: Anwaltsvergütung nur für anwaltsspezifische Dienste

Wäre die außergerichtliche Einschaltung eines Anwaltes erforderlich gewesen?

Anwaltliche Berufsbetreuer können nach einem erfolgreichen Widerspruchsverfahren nur dann gem. § 63 SGB X eine Erstattung von Anwaltsgebühren nach dem RVG verlangen, wenn ihre Hinzuziehung als Rechtsanwalt erforderlich war.

Erforderlich ist die Hinzuziehung, wenn sich ein nichtanwaltlicher Betreuer nach seinem Bildungs- und Erfahrungsstand bei der gegebenen Sach- und Rechtslage eines Rechtsanwaltes bedient hätte, wie das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg in einem Beschluss vom 28.05.2018 (OVG 6 M 19.18) feststellte.

Das Recht des anwaltlichen Berufsbetreuers, eine zusätzliche Vergütung als Aufwendungsersatz für berufstypische Dienste gem. § 1835 Abs 3 BGB fordern zu können, bestehe nur dann, wenn auch für einen voll geschäftsfähigen Widerspruchsführer die Einschaltung eines Rechtsanwalts erforderlich gewesen wäre, so das OVG Berlin-Brandenburg. Die leichte geistige Behinderung der Widerspruchsführerin sei insofern unerheblich für die Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Anwalts. Im strittigen Fall waren gar keine juristischen Kenntnisse des Betreuers erforderlich, weil es im Widerspruchsverfahren nur um den Vortrag von Tatsachen ging.

In einem von einem anwaltlichen Berufsbetreuer geführten Gerichtsverfahren hängt der Aufwendungsersatzanspruch gem. § 1835 Abs 3 BGB dem Grunde nach zwar nicht von der Notwendigkeit der anwaltlichen Tätigkeit ab. Aber je nach Verfahrensart kann die Höhe der zu beanspruchenden Vergütung von Umfang und Schwierigkeitsgrad der Tätigkeit des anwaltlichen Berufsbetreuers abhängen, wie z.B. das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen in einem Beschluss vom 9. März 2017 – L 9 SO 625/16 B entschieden hatte. Probleme bei der Kommunikation mit den Betreuten seien jedoch mit der pauschalen Betreuervergütung abgegolten.

Zur kargen Betreuervergütung ein Zubrot in Form von Anwaltsvergütungen gem. § 1835 Abs 3 BGB zu verdienen, stellt sich für anwaltliche Berufsbetreuer möglicherweise als schwieriger seltener dar als vielleicht zum Einstieg in die Betreuertätigkeit kalkuliert.

Eventuell können sich aber die anwaltlichen Berufsbetreuer die fixe Idee der Länderjustizminister zunutze machen, für die Berufsbetreuer-Tätigkeit bedürfe es keiner besonderen Qualifikation. Wenn jeder Betreuer, auch Berufsbetreuer, in Rechtsfragen nur über Jedermanns-Kenntnisse verfügen muss, dann ist fast jede nichtalltägliche Rechtsangelegenheit der Betreuten als rechtlich so schwierig anzusehen, dass sie die Hinzuziehung eines Anwalts rechtfertigt. Nichtanwaltliche Berufsbetreuer wären dann immer berechtigt, solche Angelegenheiten per Beratungshilfeschein an Anwälte „outzusourcen“.